Man kann wohl davon ausgehen, dass in Wörgl schon seit Jahrhunderten musiziert und gesungen wird. Aus vielen Schriftstücken – besonders aus alten Texten der Pfarre Wörgl – geht hervor, dass in unserem Heimatort immer schon viele musikbegeisterte Mitbürger zu finden waren. Da es aber zu diesen Zeiten nicht immer üblich war, genaue Aufzeichnungen über die vielen Tätigkeiten zu führen, konnte das genaue Gründungsjahr der ersten Musikkapelle in Wörgl auch von berufenen Chronisten und Autoren nicht hundertprozentig exakt festgelegt werden.
Die erste Erwähnung eines Klangkörpers datiert aus dem Jahr 1876, worin zu lesen steht, dass ein gewisser Andrä Gwiggner der bereits bestehenden Bürgermusikkapelle beigetreten sei. Da das Gründungsdatum dieser „Bürgermusikkapelle“ allerdings trotz intensivster Recherchen des Autors dieser Zeilen und auch all seiner Vorgänger in dieser Funktion des „Schriftführers“ nicht zu eruieren war, bleiben wir dabei, das Jahr 1876 als Gründungsjahr der Musikkapelle Wörgl anzusehen. Nebenbei bemerkt konnte somit auch verhindert werden, dass viele Chroniken und Geschichten umgeschrieben werden mussten.
Wenn man sich die heutige Stadtmusikkapelle in Wörgl so betrachtet, wird wohl kaum jemandem der Gedanke kommen, dass es diese Kapelle unter diesem Namen erst seit dem Jahr 1969 gibt.
Geht man in der Geschichte der Musikkapellen in Wörgl in die Anfangsjahre des 19. Jahrhunderts zurück, so kommt man um einen Namen nicht herum: Kapellmeister Johann Gwiggner leitete über 40 Jahre hindurch die Geschicke der erstmals urkundlich erwähnten Wörgler Bürgermusikkapelle. In dieser gewiss nicht leichten Zeit war er es, der die Kapelle durch alle Höhen und Tiefen hinweg führte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte man dann in Wörgl einen beachtlichen Aufschwung der Blasmusik beobachten. Hervorgerufen durch eine große Zunahme der Bevölkerung drängten immer mehr musikbegeisterte Wörgler zur bestehenden Musikkapelle. Man kann heute nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob es der große Zustrom begeisterter Musikanten, oder doch gewisse Disharmonien in der bestehenden Kapelle waren, die dazu führten, dass im Jahr 1901 eine zweite Musikkapelle gegründet wurde. Diese Kapelle wurde von Johann Thummer sen. gegründet, dem Vater des noch heute vielen Wörglerinnen und Wörglern bekannten Kapellmeisters Johann Thummer. Wie auch heute jedem bekannt ist, belebt Konkurrenz bekanntlich das Geschäft und so trieben sich die beiden bestehenden Musikkapellen gegenseitig immer wieder zu musikalischen Höchstleistungen, welche auch über die Grenzen der Stadt Wörgl hinaus große Beachtung fanden. So steht zum Beispiel in den Chroniken unseres geschätzten Ortschronisten und Ehrenzeichenträgers der Stadtmusikkapelle Wörgl, Hans Bramböck, zu lesen, dass die beiden Wörgler Musikkapellen im Jahre 1903 beim großen Gründungsfest des Unterinntaler Musikbundes in Kufstein mit schweren Konzertstücken an die Öffentlichkeit traten.
Der Konkurrenzkampf der beiden Musikkapellen führte immer wieder zu der einen oder anderen Auseinandersetzung zwischen den einzelnen Mitgliedern. Es war daher nicht verwunderlich, dass auch der eine oder andere politische Zwist über die beiden Kapellen (auf der einen Seite die „Bürger“, auf der anderen die „Arbeiter“) ausgetragen wurde.
Die Entwicklung der Gemeinde Wörgl zu einem bedeutenden Bahnknotenpunkt führte zwangsläufig dazu, dass viele Eisenbahner in Wörgl ihre neue Heimat fanden. Fast logisch, dass sich die darunter befindlichen Musikanten eher der Arbeitermusik zugehörig fühlten. In einem Protokoll aus dem Jahr 1939 berichtet der Musikkamerad Brandauer, „dass es endlich gelungen sei, alle bahnfremden Musiker auf der Reichsbahn unterzubringen …“ Dies war der Grund, dass sich die Arbeitermusikkapelle im Laufe der Jahre immer mehr zu einer Eisenbahnermusikkapelle entwickelte, und bei der Vereinigung der 2 Wörgler Musikkapellen im Jahre 1946 der offizielle Name „Eisenbahnermusikkapelle Wörgl“ gewählt wurde (Protokoll vom 29. 4.1946)
So wie bei vielen anderen Vereinen Tirols war das Schicksal der Wörgler Musikkapellen gerade in den Zeiten des Zweiten Weltkrieges von der Politik maßgeblich bestimmt. Es gab einerseits Umbenennungen der Musikkapellen – wie etwa „Standschützenmusik“ oder „Reichsbahnwerkmusik“ – andererseits waren natürlich Probearbeiten und Ausrückungen sehr stark eingeschränkt, da viele Mitglieder ihren Kriegsdienst zu leisten hatten.
Die Erhebung Wörgls zur Stadtgemeinde im Jahre 1951 wurde zum Anlass genommen, den Namen erneut zu ändern und so trat man in der jungen Stadt Wörgl als „Stadt- und Eisenbahner-Musikkapelle“ auf. Im Jahr 1969 beschloss der damalige Ausschuss, den Namen auf „Stadtmusikkapelle Wörgl“ zu ändern. Man wollte damit zum Ausdruck bringen, dass die Wörgler Musikkapelle keinesfalls einer politischen Richtung zugehöre, sondern ein für alle offener Verein sei, welcher sich über jedes musikbegeisterte Mitglied freue.
Obwohl man in den letzten Jahrzehnten von den politischen Wirren verschont blieb, war die Arbeit für die Funktionäre der „Neuzeit“ auch nicht immer gerade leicht. Die Stadtgemeinde Wörgl expandierte ständig und so kamen neue Herausforderungen auf die Musikkapelle zu. Während es in vielen kleineren Landgemeinden beinahe zum guten Ton gehörte, dass jeder musikalische Bürger der örtlichen Kapelle beitrat, hatte man in Wörgl über viele Jahre immer wieder Probleme, genügend Nachwuchs zu bekommen. Manche Aktivitäten wurden seitens der Verantwortlichen gestartet, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Die Ausbildungskosten für Jungmusikanten wurden immer größer und machten bald einen Gutteil des jährlichen Budgets aus. Man musste leider feststellen, dass sich viele die Ausbildung gerne bezahlen ließen um danach der Stadtmusikkapelle aber nicht mehr lange zur Verfügung zu stehen. Nicht nur einmal mussten leidgeprüfte Funktionäre erkennen, dass man mit diesen „Ausgeschiedenen“ wohl leicht eine Musikkapelle stellen könnte, welche eine wesentlich höhere Mitgliederzahl als die derzeitige aufweist. Trotzdem wurde auch in diesen Jahren gute Arbeit geleistet und die Stadtmusikkapelle erhielt viele Einladungen zu Konzertausrückungen im In- und Ausland, welche mit Bravour gemeistert wurden. Allerdings hat sich diese Einstellung vieler musikbegeisterter Wörglerinnen und Wörgler gerade in den letzten Jahren stark gewandelt und so kann die Stadtmusikkapelle Wörgl zum heurigen Jubiläumsjahr auf eine nicht nur zahlenmäßig, sondern gerade auch musikalisch enorm starke Basis von Musikanten blicken.
Die derzeit bestehende Kombination von „altgedienten“ Leistungsträgern und hoffnungsvollen, jungen Talenten bestärkt die Führung der Stadtmusikkapelle Wörgl in dem von ihr eingeschlagenen Weg. Es ist nicht nur das derzeitige „musikalische Hoch“, welches Anlass zur Freude gibt, sondern wohl noch viel mehr die Tatsache, dass alle Mitglieder von 12 bis über 70 Jahre außergewöhnlich gut harmonieren. Dies ist sicherlich ein beruhigendes Gefühl für alle Funktionäre, jedoch werden diese auch in den nächsten Jahren daran arbeiten, Niveau und Mitgliederanzahl weiter zu stärken.